Gemeindegeschichte

Dr. Klaus Graf

Die ältesten Erwähnungen von Ruppertshofen im Ostalbkreis

Januar 2019

Zusammenfassung: Der Ortsname Ruppertshofen wird erstmals in einem Lehenbucheintrag um 1369 erwähnt. Die angebliche Ersterwähnung in einer Urkunde vom 20. Dezember 1344 bezieht sich zweifelsfrei auf das Ruppertshofen bei Ilshofen im Landkreis Schwäbisch Hall. Ruppertshofen im Ostalbkreis war aber der Hauptort der im Jahr 1344 in einem Lehenbucheintrag erwähnten Waibelhube (Genossenschaft freier Leute), die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts die Geschichte Ruppertshofens geprägt hat. Dies rechtfertigt es, 2019 ein Jubiläum 675 Jahre Waibelhube/Ruppertshofen zu begehen, auch wenn der Ortsname 1344 definitiv noch nicht genannt wird.

Verschiedentlich, zuletzt in einem Kalender für 2019, wurde die Erwähnung eines Ruppertshofen in einer Urkunde des Hauptstaatsarchivs Stuttgart vom 20. Dezember 1344 auf Ruppertshofen im Ostalbkreis bezogen. Im folgenden soll gezeigt werden, dass diese Ansicht nicht haltbar ist, und es sollen die gesicherten ältesten Erwähnungen Ruppertshofens und der Waibelhube im 14. Jahrhundert vorgestellt werden. Dies erfolgt in Form einer Fragenliste (FAQ). Quellen und Literatur, auf die verwiesen wird, sind abschließend chronologisch aufsteigend zusammengestellt.

Ja. Die Kaufurkunde nennt neben Ruppertshofen die bei unmittelbar Ruppertshofen (heute Gemeinde Ilshofen, künftig: Ruppertshofen SHA) gelegenen Orte Dörrmenz und (Ober-)Steinach. Der Verkauf passt zur Herrschaftsbildung der Grafen von Württemberg als Besitzer der Burgherrschaft Leofels bei Ruppertshofen SHA, nicht aber zur Geschichte Ruppertshofens (ohne Zusatz ist stets der Ort im Ostalbkreis gemeint). In den historischen Darstellungen zu den drei genannten Orten wird seit dem 19. Jahrhundert die Urkunde von 1344 immer auf diese Orte bezogen.

Die Argumentation im Einzelnen: Am Montag vor Weihnachten (20. Dezember) verkaufte im Jahr 1344 in Schwäbisch Gmünd der Adelige Walther der Küchenmeister, Ritter von Bilriet, für 360 Pfund Heller alle seine Güter und Rechte in Ruppertshofen (Růprehtzhouen), Dörrmenz und Steinach an die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg. Die darüber ausgestellte Urkunde befindet sich dort, wo sie zu erwarten ist: im Archiv der Käufer (heute: Hauptstaatsarchiv Stuttgart).

Zwar legt der Ausstellungsort Schwäbisch Gmünd die Identifizierung mit Ruppertshofen nahe, aber die beiden anderen Orte müssen stutzig machen. Hinzu kommt, dass im Gmünder Raum sonst nichts von Besitzungen der Küchenmeister von Nordenberg, Inhaber von Bielriet, bekannt ist. Vermutlich wurde die Kaufurkunde auf einem Adelstreffen 1344 in Schwäbisch Gmünd erstellt. Die Stadt hatte als zentraler Ort auch für den Adel einen überregionalen Einzugsbereich, wie schon aus einer Klausel der Kaufurkunde der Burg Bielriet bei Schwäbisch Hall durch einen Küchenmeister von Nordenberg 1287 hervorgeht. Bei Problemen bei der Abwicklung des damaligen Kaufs sollten die voneinander weit entfernten Städte Rothenburg und Gmünd im Rahmen einer rechtlichen Leistungsverpflichtung aufgesucht werden (Kauf Bielriet 1287).

Der Erwerb des Besitzes in den drei Orten steht im Zusammenhang mit dem württembergischen Erwerb der Burg (und Herrschaft) Leofels, die 1333 vom Bischof von Würzburg als Pfand an Württemberg gelangte (Landkreis SHA 2005, S. 590). Damals wollte Württemberg einen territorialen Stützpunkt im Raum nordöstlich von Schwäbisch Hall schaffen, ein Vorhaben, das  aber 1409 wieder aufgegeben wurde, denn damals wurde die Herrschaft Leofels den Herren von Vellberg verkauft bzw. verpfändet. Auch die Kirche von Lendsiedel (zu ihm gehört Dörrmenz) wurde tauschweise für die württembergische Herrschaft Leofels erworben (OAB Gerabronn 1847, S. 273), desgleichen 1379 Besitz in Diembot (ebenda, S. 274). Zwar wird Leofels in der Urkunde von 1344 nicht erwähnt, aber bei der Veräußerung der Burg bzw. Herrschaft Leofels im Jahr 1409 durch Graf Eberhard von Württemberg erscheinen Ruppertshofen SHA, Dörrmenz und Steinach mit weiteren Orten als Zubehör von Leofels (Vellberg 1994, Nr. 296). Von der Oberamtsbeschreibung Gerabronn 1847 (S. 284 usw.) bis heute wird die Kaufurkunde 1344 in den Darstellungen zum Raum Ilshofen immer auf die benachbarten Orte Ruppertshofen SHA, Dörrmenz und Steinach bezogen.

Würde sich die Kaufurkunde 1344 auf Ruppertshofen im Ostalbkreis beziehen, müsste man später etwas von württembergischem Besitz erfahren, was aber nicht der Fall ist. Daher ist gesichert, dass es sich bei dem Ruoprehtzhouen 1344 um Ruppertshofen SHA handelt.

Die Irrtümer im Zusammenhang mit der Kaufurkunde 1344 begannen schon im 16. Jahrhunderts, als ein Registrator mit den Ortsnamen der Urkunde nichts mehr anfangen konnte, da die württembergische Zeit der Herrschaft Leofels in Vergessenheit geraten war. Er hat sie, da es auch ein Steinach bei Winnenden gibt, irrtümlich dem Amt Winnenden zugeordnet, aus dessen Archivbestand sie in den Auslesebestand der “Württembergischen Regesten” gelangte. Die Namensform Dürrmenz statt Dörrmenz im Archivfindmittel legt nahe, dass man die Ortsnamen falsch identifizierte.

Nachdem Alfons Nitsch 1966 (Nr. 180) alle drei Orte falsch identifiziert hatte (Ruppertshofen im Ostalbkreis, Dürrmenz bei Vaihingen, Steinach im Landkreis Waiblingen), verbreitete sich der Irrtum. 1980 gab das amtliche Standardwerk “Das Land Baden-Württemberg” die Ortsnamenform Růprehtzhoven zu Ruppertshofen aus der Kaufurkunde von 1344 mit der entsprechenden Jahreszahl wieder, obwohl die gleiche Urkunde gleichzeitig zutreffend bei den drei Orten bei Ilshofen verwendet wurde (LBW 1980, S. 758: Ruppertshofen; S. 494 Obersteinach; S. 495 Ruppertshofen SHA; S. 519 Dörrmenz). Es kann aber natürlich nur eine Identifizierung von Ruppertshofen richtig sein. Das Internetangebot LEO-BW (Stand: 2019) übernimmt die Texte aus dem “Land Baden-Württemberg”, soweit ersichtlich, unverändert, und enthält daher bei Ruppertshofen den gleichen Fehler wie seine Vorlage.

Über Nitsch 1966 gelangte die falsche Gleichsetzung in den Tonolzbronner Kirchenführer von Hermann Kissling 1988, S. 9  (und aus diesem 2008 in die Wikipedia, Artikel Ruppertshofen). Aus dem Register von Schuler 1998, der S. 93 Nr. 281 ein Regest (Inhaltszusammenfassung) der Kaufurkunde 1344 gibt, geht hervor, dass auch er der Fehlidentifizierung folgte. 1999 übernahm eine weitere autoritative Quelle, das Ortsnamensbuch des Ostalbkreises (Reichardt 1999, S. 132 mit Lesefehler “Růprechtzhoven”, das c ist zuviel), die falsche Zuordnung. Auf Nitsch und Schuler stützte sich die Tübinger Dissertation von Wolfgang Runschke 2007 (S. 382).

Die Ortsgeschichte von Schymura 1995 gibt S. 104 die Namensform Ruprehtshoven zu 1344 offenbar nach Kissling, behauptet aber S. 106, die erste Erwähnung der Waibelhube und des Orts finde sich in einer Urkunde von 1344, wonach Johann von Rechberg von Bettringen die freien Güter und Leute, die in die Waibelhube zu Ruppertshofen gehören, von Graf Eberhard von Württemberg als Lehen erhalten habe. Das ist falsch, der Lehenbucheintrag von 1344 (siehe unten) enthält keine Nennung Ruppertshofens (und ist auch keine Urkunde). 

Nein. Ruppertshofen ist viel älter als seine Erstnennung im 14. Jahrhundert (zu dieser siehe unten). Da archäologische Siedlungsbefunde so gut wie nie vorliegen, sind bei Ortschaften  Schlüsse auf das Alter der Siedlung nur über den Ortsnamen in Verbindung mit der Lage des Orts möglich. Dass sich auf dem Gebiet der Gemeinde schon in vorgeschichtlicher Zeit Menschen dauerhaft aufgehalten haben, geht aus verschiedenen Funden hervor (Schymura 1995, S. 99-101). Eine Kontinuität bis zur heutigen Lage der Siedlung kann aber erst für die Zeit nach dem Fall des römischen Limes vermutet werden, als Germanen (hier vor allem Alemannen) sesshaft wurden. Schon früh wurde das fruchtbare sogenannte Altsiedelland in Besitz genommen. Heute tragen diese Siedlungen regelmäßig Namen auf -ingen und -heim. Hofen-Orte werden zum sogenannten älteren Ausbau gezählt, den Hans Jänichen 1972 in das 7. bis 10. Jahrhundert nach Christus datierte. Zu Ilshofen liest man in der Kreisbeschreibung (Landkreis SHA 2005, S. 582): “Ortschaften mit der Endung -hofen lassen auf eine Siedlung aus der Zeit der fränkischen Herrschaftsexpansion im 7./8. Jahrhundert schließen”. Recht nahe bei Ruppertshofen im Ostalbkreis liegen die -ingen-Orte Gröningen und Göggingen. Von daher erscheint der zeitliche Ansatz von Kissling (1988, S. 6) in das 9./10. Jahrhundert etwas zu spät, doch lässt sich Sicherheit nicht gewinnen.

Es kann als sicher gelten, dass Ruppertshofen die Siedlung des Ruodberht war (Reichardt 1999, S. 133), also nach einem Mann namens Rudbert benannt wurde. Über ihn ist nichts weiter bekannt; er dürfte nach dem eben Ausgeführten im 7. bis 10. Jahrhundert gelebt haben.

Es ist zwar durchaus möglich (aber unwahrscheinlich), dass durch einen neuen Quellenfund eine ältere Bezeugung gefunden wird, aber nach derzeitigem Kenntnisstand wird Ruppertshofen um 1369 erstmals erwähnt. Es handelt sich um das Lehenbuch A der württembergischen Kanzlei, das im Zweiten Weltkrieg im Hauptstaatsarchiv Stuttgart vernichtet wurde. Es existiert aber ein Abdruck von Eugen Schneider 1885. Der entsprechende Eintrag (Blatt 16v =  Rückseite) kann nicht genau datiert werden; Reichardt gibt den Zeitraum 1367-1385 an; Matthias Miller 2004 (in der CD-ROM im Landkreisabschnitt AA) entscheidet sich für “um 1369". Dies erweist sich als plausibel, da der unmittelbar vorangehende Eintrag 1369 datiert ist. Schneider 1885, S. 126 gibt den Eintrag so wieder: “Nota, herr Wilhelm von Rechberg von Grüningen hat ze lehen enpfangen die Waibelhübe ob Gemünde vnd das geriht ze Růprehtzhouen vnd das geriht halbes ze Lindach, als es sin vater selig her Vlrich von Rechberg an in braht hat” (Hervorhebung von mir, e über u als ü wiedergegeben).  

Der vorangehende Lehenseintrag des hier als verstorben bezeichneten Ulrichs wird um 1363 angesetzt (Blatt 21r = Vorderseite), der nächste betrifft einen 1377 datierten Verkauf der Waibelhube durch den Sohn Wilhelm (Blatt 38v). Zwischen diesen Daten (“um 1363" und 1377) muss also die Belehnung Wilhelms mit der Nennung Ruppertshofens liegen. Entgegen den Angaben der Literatur lebte der Vater Ulrich noch am 12. Dezember 1365 (Nitsch 1966, Nr. 357), er dürfte bald danach gestorben sein. Sein Sohn kann also wohl frühestens 1366 das Lehen empfangen haben. Von daher kann mit Sicherheit, ausgehend vom Datum “um 1369", im Jahr 2019 “ungefähr 650 Jahre Ruppertshofen” gefeiert werden!

Die älteste Erwähnung Ruppertshofen in einer noch erhaltenen Urkunde stammt vom 7. Januar 1380 (Verkaufsurkunde Adelmannsfelden 1380). In diesem im Staatsarchiv Ludwigsburg verwahrten Dokument erscheint Ruppertshofen zweimal (jeweils Růprehtzhofen). Ein Hof gehörte damals zu der vom Benediktinerkloster Ellwangen an Limpurg verkauften Herrschaft Adelmannsfelden.

Nein. Die Ersterwähnungen sind keine Gründungsurkunden. Ruppertshofen wird um 1369 erstmals erwähnt, Tonolzbronn einige Jahre früher 1357, Birkenlohe und Hönig beide 1360 (nach Reichardt 1999). Aus dieser Abfolge lassen sich keine Schlüsse für die Siedlungsgeschichte ziehen. Die durch den Überlieferungszufall zustande gekommene Reihe der Ersterwähnungen (meistens in Urkunden) sagt in diesem Fall nichts über das Alter oder die Bedeutung des Orts im 14. Jahrhunderts aus. Nach den Ortsnamenendungen sind Birkenlohe, Hönig und Tonolzbronn als Siedlungen einzuschätzen, die sehr viel jünger als Ruppertshofen sind.

Entgegen der Aussage von Schymura enthält die in das Jahr 1344 zu datierende Eintragung im Lehenbuch Graf Eberhards von Württemberg Blatt 1v (Schneider 1885, S. 115) über die Belehnung des Johann von Rechberg mit der Waibelhube (auch: Weibelhube) nicht den Ortsnamen Ruppertshofen. Sie lautet: “Item her Johan von Rechberg von Betringen hat ze lehen die frien gůt, die in die Weibelhůbe gehörnt, vnd die lüt, die da heizzent die Frien lüte“ (ü gleich e über u in der Vorlage). Bereits aus dieser Ersterwähnung ergibt sich, dass die Waibelhube (oder Weibelhube), deren Haupt- und Gerichtsort Ruppertshofen war, eine Zusammenfassung freier Güter und Leute darstellte.

Das von mir am 18. Januar 2019 angelegte Lemma “Waibelhube (Ruppertshofen)” in der deutschsprachigen Wikipedia gibt einen kurzen Überblick und nennt die maßgebliche Literatur Immer noch lesenswert ist die gründliche Darstellung von Diehl 1943.

Von einer Gerichtsgenossenschaft freier Bauern (1410 etwa 70 Güter insgesamt) wandelte sich die Waibelhube insbesondere nach dem Verkauf an die Schenken von Limpurg 1410 (Verkaufsurkunde 1410) zu einem limpurgischen Amt, das 1713 nach dem Aussterben der Erbschenken von Limpurg als württembergisches Lehen an Württemberg zurückfiel und 1718 gemeinsam mit Welzheim an die Mätresse Wilhelm von Grävenitz verschenkt wurde. Von 1718 bis 1735 waren Welzheim und die Waibelhube ein reichsunmittelbares Territorium unter der Herrschaft derer von Grävenitz, danach Bestandteil des württembergischen Kammerguts. Anfang des 19. Jahrhunderts ging das kleine Gebiet  im Oberamt Gaildorf auf.

Die Waibelhube ist als rechtshistorische und territorialgeschichtliche Besonderheit deutschlandweit einzigartig, auch wenn es in Oberschwaben bei Leutkirch mit den “Freien auf der Leutkirche Heide” etwas Vergleichbares gibt. Seit 2007 existiert dort eine kleine Gedenkstätte (Heimatpflege Leutkirch e.V. 2019 mit Foto).

Die Bedeutung freier Bauern vor der sogenannten Bauernbefreiung des 19. Jahrhunderts sollte mehr gewürdigt werden. Eine Gerichtsgenossenschaft freier Bauern wie die Waibelhube wäre ohne das aktive Mitwirken der freien Bauern, die ja im Vergleich zu den abhängigen Bauern der Umgebung eine kleine Minderheit darstellten, nicht möglich gewesen. Sie sind als eigenständiger historischer Faktor zu betrachten, der es ermöglicht, das gängische Mittelalter-Klischee von ständiger Bauernunterdrückung zu relativieren.

Es wäre nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll, 2019 an die Ersterwähnung der Waibelhube 1344 zu erinnern, etwa in der Form “1344-2019 675 Jahre Waibelhube/Ruppertshofen”. Denn auch wenn 1344 der Ortsname Ruppertshofen noch nicht genannt wurde, kann man nicht daran zweifeln, dass Ruppertshofen bereits damals der Hauptort der Waibelhube war.

Es müsste geprüft werden, ob es möglich ist, in Ruppertshofen an die Waibelhube mit einer Gedenktafel oder einem anderen Denkmal zu erinnern.

Es wäre vielleicht reizvoll, mit anderen Kommunen in Deutschland (Leutkirch, Eglofs) und eventuell der Schweiz, die vergleichbare Freiheits-Traditionen aufweisen, Kontakt aufzunehmen.

Abschließend soll unterstrichen werden, dass die Sammlung ortsgeschichtlichen Materials als Grundlage einer modernen Ortsgeschichte auf wissenschaftlicher Grundlage dringend wünschenswert ist.

Bei dem Versuch, die Geschichte Ruppertshofens in einer Reihe von 25 Fragen beantworten, will ich mich auf die Zeit vor 1800 und den Hauptort Ruppertshofen konzentrieren. Während ich für das Mittelalter (bis 1500) die viel zu wenigen Quellen - ich konnte nur etwa 20 auffinden - selbst gesichtet habe, ist für die frühe Neuzeit, also den Zeitraum von etwa 1500 bis zum Ende des Alten Reiches 1806, noch fast alles zu tun, was eine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung angeht.

(1) Wie alt ist Ruppertshofen?
Wesentlich älter als 675 Jahre!

Auf der Ortsmarkung wurden Funde aus der Steinzeit gemacht (HB 99-101). In der Römerzeit lag Ruppertshofen knapp außerhalb des Limes, der ja ganz in der Nähe bei Lindach und Herlikofen verlief. Nach dem Fall des Limes um 260 n. Chr. besiedelten Alemannen und Franken Südwestdeutschland.

Lag die Ansiedlung immer am gleichen Platz, also in der Gegend des heutigen Ortskerns? Es gibt keine Anhaltspunkte, die dagegen sprächen, aber ganz gesichert ist das nicht. Archäologische Feststellungen existieren dazu nicht.

(2) Kann man die Entstehung der Siedlung Ruppertshofen auf ein Jahrhundert genau festlegen?
Nein! Schon früh nach dem Fall des Limes wurde das fruchtbare sogenannte Altsiedelland in Besitz genommen. Heute tragen diese Siedlungen regelmäßig Namen auf -ingen und -heim. Recht nahe bei Ruppertshofen liegen die -ingen-Orte Gröningen und Göggingen. Hofen-Orte werden zum sogenannten älteren Ausbau gezählt, den Hans Jänichen 1972 in das 7. bis 10. Jahrhundert nach Christus datierte. Zu Ilshofen liest man in der Kreisbeschreibung Schwäbisch Hall: “Ortschaften mit der Endung -hofen lassen auf eine Siedlung aus der Zeit der fränkischen Herrschaftsexpansion im 7./8. Jahrhundert schließen”. Es kommen also zwei, vielleicht auch vier Jahrhunderte in Betracht.

(3) Was bedeutet der Name Ruppertshofen?
Der verstorbene Namensforscher Lutz Reichardt hat 1999 im Ortsnamenbuch des Ostalbkreises Ruppertshofen als Siedlung des Rudpert gedeutet. Über diesen Rudpert weiß man sonst nichts. Früher hätte man ihn als Sippenoberhaupt bezeichnet; heute  würde man zurückhaltender vom Anführer einer Siedlergruppe sprechen.

(4) Was bedeuten die Namen Tonolzbronn, Birkenlohe, Hönig und Steinenbach?
Auch hier muss man das Ortsnamensbuch von Reichardt heranziehen, wobei aber eine gewisse Skepsis am Platz ist. Tonolzbronn sah er als Quelle des Tuonold, während Birkenlohe die Siedlung am Birkenwald war (wogegen es keine Einwände gibt). Hönig leitete er von Hoheneck, Siedlung auf dem hohen Bergsporn, ab. Es gab eine höhergelegene Flur “Alt Hönig” auf einem solchen Bergsporn, wo sich die Siedlung ursprünglich befunden haben könnte. Naheliegend ist die Deutung von Steinenbach: steiniger Bach.

(5) Wann wird Ruppertshofen im Ostalbkreis erstmals in einer schriftlichen Quelle erwähnt?
Es ist zwar durchaus möglich (aber unwahrscheinlich), dass durch einen neuen Quellenfund eine ältere Bezeugung gefunden wird, aber nach derzeitigem Kenntnisstand wird Ruppertshofen um 1369 erstmals erwähnt. Es handelt sich um das Lehenbuch A der württembergischen Kanzlei, das im Zweiten Weltkrieg im Hauptstaatsarchiv Stuttgart vernichtet wurde. Es existiert aber ein Abdruck von Eugen Schneider 1885. Der entsprechende Eintrag kann nicht genau datiert werden, aber um 1369 ist am wahrscheinlichsten. Der Eintrag lautet in Übersetzung: “Es ist zu merken: Herr Wilhelm von Rechberg von Gröningen hat zu Lehen empfangen die Waibelhube oberhalb von Gmünd und das Gericht zu Ruppertshofen und das halbe Gericht zu Lindach, wie es sein verstorbener Vater Herr Ulrich von Rechberg ihm vererbt hat”.

(6) Was hat es mit der Urkunde vom 20. Dezember 1344 auf sich?
Verschiedentlich, zuletzt in einem Kalender für 2019, wurde die Erwähnung eines Ruppertshofen in einer Urkunde des Hauptstaatsarchivs Stuttgart vom 20. Dezember 1344 auf Ruppertshofen im Ostalbkreis bezogen. Das ist falsch (siehe Archivalia vom 8. Februar 2019 mit weiteren Nachweisen zum Vor- und Nachstehenden).

Die Kaufurkunde nennt neben Ruppertshofen die unmittelbar bei Ruppertshofen (heute Gemeinde Ilshofen im Landkreis Schwäbisch Hall) gelegenen Orte Dörrmenz und (Ober-)Steinach. Der Verkauf passt nur zur Herrschaftsbildung der Grafen von Württemberg als Besitzer der Burgherrschaft Leofels bei Ruppertshofen bei Ilsfeld, nicht aber zur Geschichte Ruppertshofens im Ostalbkreis.

(7) Von wann stammt die älteste erhaltene Urkunde mit Nennung von Ruppertshofen?
Die älteste Erwähnung Ruppertshofen in einer noch erhaltenen Urkunde stammt vom 7. Januar 1380. Der Lehenbucheintrag von ca. 1369 ist weder eine Urkunde noch ist das Dokument erhalten.

Es handelt sich um die Verkaufsurkunde der Herrschaft Adelmannsfelden 1380. In diesem im Staatsarchiv Ludwigsburg verwahrten Dokument erscheint Ruppertshofen zweimal (jeweils Růprehtzhofen). Ein Hof gehörte damals zu der vom Benediktinerkloster Ellwangen an Limpurg verkauften Herrschaft Adelmannsfelden. Der originale Worlaut: “ze Ruoprehtzhofen Swencken Fuoß git von einer hueb iii scheffel und iii viertel dinkels iii schoeffel und iii viertel habern haller messes lxxv aier ii herbsth(üner) und i vaß(nacht) h(un)”. In Ruppertshofen hatte also ein Bauer Schwenkfuß von seinem Hof je 3 Schöffel 3 Viertel Dinkel Hafer nach Haller Maß sowie 75 Eier und 2 Herbsthühner und 1 Fastnacht-Huhn abzuliefern.

Irritierend ist die Nennung des Haller Maßes, da davon auszugehen wäre, dass Ruppertshofen im Gebiet des Gmünder Maßes lag. Aber da eine Leibeigene aus Ruppertshofen im gleichen Dokument als Tochter des Kunz von Krassperg (Krasberg bei Laufen am Kocher) genannt wird, darf man ausschließen, dass die Herrschaft Adelmannsfelden Besitz in Ruppertshofen bei Ilsfeld hatte.

(8) Lassen die Ersterwähnungen die Reihenfolge der Besiedlung erkennen?
Nein. Die Ersterwähnungen sind keine Gründungsurkunden. Ruppertshofen wird um 1369 erstmals erwähnt, Tonolzbronn einige Jahre früher 1357, Birkenlohe und Hönig beide 1360. Aus dieser Abfolge lassen sich keine Schlüsse für die Siedlungsgeschichte ziehen. Die durch den Überlieferungszufall zustande gekommene Reihe der Ersterwähnungen (meistens in Urkunden) sagt in diesem Fall nichts über das Alter oder die Bedeutung des Orts im 14. Jahrhunderts aus. Nach den Ortsnamenendungen sind Birkenlohe, Hönig und Tonolzbronn als Siedlungen einzuschätzen, die sehr viel jünger als Ruppertshofen sind.

(9) Wann wird die Waibelhube erstmals erwähnt?
Vor 675 Jahren!

Entgegen der Aussage im Heimatbuch von Schymura (HB 106) enthält die in das Jahr 1344 zu datierende Eintragung im bereits erwähnten Lehenbuch Graf Eberhards von Württemberg über die Belehnung des Johann von Rechberg mit der Waibelhube nicht den Ortsnamen Ruppertshofen. Sie lautet übersetzt: “Des weiteren: Herr Johann von Rechberg von Bettringen hat zu Lehen die freien Güter, die zur Waibelhube gehören, und die Leute, die Freie Leute heißen”. Bereits aus dieser Ersterwähnung ergibt sich, dass die Waibelhube, deren Haupt- und Gerichtsort Ruppertshofen war, eine Zusammenfassung freier Güter und Leute darstellte.

(10) Was bedeutet die Bezeichnung Waibelhube?
Die Waibelhube war ursprünglich der Hof eines Waibels (Gerichtsdieners, Gerichtsboten). Später wurde die Bezeichnung offenbar auf den Bezirk der Waibelhube übertragen.

Im Mittelalter kam der Familienname Waibel in der Umgebung häufig vor, z.B. 1472 Hans Waibel von Ruppertshofen.

(11) Was war die Waibelhube?
Eine bemerkenswerte rechtsgeschichtliche Institution aus dem Bereich der Gerichtsbarkeit!

Ursprünglich handelte es sich um eine Gerichtsgenossenschaft freier Bauern und Güter, deren Gericht in Ruppertshofen lag. Sie kann ein Rest der Grafschaftsverfassung sein aber auch sogenannte “Rodungsfreie” umfasst haben, also Zugezogene, die bereits frei waren oder für ihre Rodungen die Freiheit erhielten. Freie Leute hatten Anteil an der vom Grafen ausgeübten Gerichtsbarkeit.

Die Waibelhube war kein geschlossenes Gebiet, sondern umfasste 1410 neben einigen Einzelstücken etwa 70 größere und kleinere Güter. Ihr Hauptort war Ruppertshofen, wo unter Vorsitz eines herrschaftlichen Vogtes das Gericht der Waibelhube, ein bäuerliches Niedergericht, abgehalten wurde. Eine Original-Gerichtsurkunde des Gerichts zu Ruppertshofen in der Waibelhub vom 15. März 1483 ist im Spitalarchiv des Stadtarchivs Schwäbisch Gmünd erhalten geblieben und seit einigen Wochen auf dem Portal Monasterium.net dank des Engagements des Gmünder Stadtarchivars Dr. David Schnur online einsehbar.

 Die Güter lagen innerhalb eines Gebiets, das durch die Eckpunkte Kleindeinbach, Hinterlintal, Waldmannshofen (am Rand des Kochertals), Oberböbingen und Oberbettringen umschrieben werden kann. Mehr als drei Waibelhubegüter lagen 1410 nur in den Orten Ruppertshofen, Durlangen, Lindach, Mutlangen und Vellbach (bei Eschach).

1344 waren die Herren von Rechberg mit dem Schutz der freien Leute in der Waibelhube betraut. Diese Gerichtsgenossenschaft war ein Lehen der Grafen von Württemberg. Die Ersterwähnung Ruppertshofens um 1369 ist ja auch ein Lehenbucheintrag zur Waibelhube.

1410 verkauften die Rechberger die Waibelhube an die Schenken von Limpurg. Die Freiheit der freien Leute schwand zunehmend. Die Waibelhube wurde zu einem limpurgischen Verwaltungsbezirk mit ganz normalen Untertanen.

(12) Welche Bedeutung hat die Erinnerung an die freien Bauern der Waibelhube heute?
Wenn wir uns an die Waibelhube erinnern, erinnern wir uns nicht nur an eine rechtshistorische Besonderheit, sondern auch an die vielfach unterschätzte Rolle der freien Bauern in der deutschen Geschichte. Trotz unterschiedlicher Formen von Freiheit standen sie den Herren nicht als Objekte von Ausbeutung gegenüber, sondern als mündige Verhandlungspartner. Herren und Freibauern verband der Glaube an das Recht, ohne das freibäuerliche Genossenschaften wie die Waibelhube nicht lange überlebt hätten.

Daher war es sinnvoll, anlässlich des Ortsjubiläums 2019 auf meine Anregung hin einen Gedenkstein für die Waibelhube aufzustellen.

Die Ruppertshofener Waibelhube ist nahezu einzigartig. Eine ähnliche Institution gab es im Allgäu: die Freien der Leutkircher Heide. Auch an sie erinnert eine kleine Gedenkstätte.

(13) Welche Rolle spielten die Schenken von Limpurg?
Von 1410 bis 1806 waren die Schenken (auch: Erbschenken) von Limpurg die Ortsherren von Ruppertshofen.

Diese seit dem 12. Jahrhundert bezeugte bedeutende Adelsfamilie gehörte zunächst zum Kreis der Dienstleute der Staufer. Ihr einstiges Herrschaftsgebiet rund im Gaildorf heißt heute noch “Limpurger Land”.

Im Gemeindewappen Ruppertshofens mit Sense und Pflugrad, das 1958 verliehen wurde, erinnern die Farben blau-weiß an die Limpurger.

(14) Wieso sind die Jahre 1718 bis 1735 für die Geschichte der Waibelhube besonders wichtig?
Mit dem Tod des letzten Erbschenken Vollrat 1713 fiel das Lehen der Waibelhube heim an Württemberg. Nach einer Aufstellung von 1718 umfasste die Waibelhube 50 Untertanen. 1718 schenkte Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg seiner Geliebten, der Gräfin Wilhelmine von Grävenitz, den ehemals limpurgischen Flecken Welzheim, die Waibelhube und Oberlaimbach bei Scheinfeld in Franken, womit die Waibelhube aus dem württembergischen Staatsverband ausschied. 1726 trug die Mätresse die Herrschaft Welzheim mit der Waibelhube Württemberg als Lehen auf und wurde damit belehnt. Die Herrschaft wurde 1726 der Grafenbank des Fränkischen Reichskreises einverleibt und der Bruder Friedrich Wilhelm von Grävenitz auf dem Kreiskonvent zu Nürnberg am 25. August 1727 als ein Reichsstand von Franken aufgenommen. Das Ende dieser Episode kam mit der württembergischen Besitzergreifung von Welzheim im März 1735. Die Herrschaft wurde dann dem württembergischen Kammerschreibereiamt eingegliedert.

Noch im 19. Jahrhundert führte die Familie von Graevenitz den Titel: Freiherren "von Welzheim, Waibelhueb und Ober-Limbach". 

Es gab aber in Ruppertshofen eine Reihe von Gütern, die nicht Lehen, sondern limpurgische Eigengüter waren und daher an die Erben der Adelsfamilie fielen. Diese kamen erst 1806 zu Württemberg und wurden mit der württembergischen Waibelhube vereinigt. Die Schultheißerei Ruppertshofen gehörte zunächst zum Oberamt Gmünd, ab 1808 zum Oberamt Gaildorf.

Von 1718 bis 1735 war Ruppertshofen als Hauptort der Waibelhube Teil eines kleinen reichsunmittelbaren Gebiets, nämlich der Doppelherrschaft Welzheim/Waibelhube.

(15) Welche Grundherren gab es im Mittelalter?
Eine wichtige Quelle ist die Güterbeschreibung des Augustinerklosters Gmünd um 1488. Demnach waren in Ruppertshofen begütert

* die Schenken (also Limpurg),
* Kloster Lorch,
* das Gmünder Augustinerkloster,
* die Gmünder Priesterbruderschaft,
* die Kirche von Tanau,
* St. Stephan (also die Kirche von Tonolzbronn).

Erwähnt wird aber auch der Wengerin Eigen und Bach Peters Eigen, also Anwesen in freibäuerlichem Besitz.

Spätestens Anfang des 16. Jahrhunderts besaß auch die Kirche von Täferrot ein Gut. Außer den Schenken von Limpurg haben die genannten Grundherren jeweils nur ein einziges Anwesen besessen. Limpurg war also der wichtigste Grundbesitzer. 1556 kam es zu einem Tausch zwischen der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd und Limpurg, bei der die beiden Güter der Gmünder Institutionen an Limpurg gelangt sein müssen.

Ruppertshofen lag an der Grenze zwischen dem Einflussbereich derer von Limpurg und der Herren von Rechberg, die beispielsweise in Birkenlohe Ortsherren waren.

Für die Stauferzeit, also das 12. und 13. Jahrhundert, gibt es zwar keine schriftlichen Quellen, aber man darf annehmen, dass Ruppertshofen zum “Stauferland”, dem von den Staufern beherrschten Gebiet rund um den Hohenstaufen und bei Schwäbisch Gmünd gehörte.

(16) Welche Pfarreien waren für Ruppertshofen zuständig?
Im Mittelalter gehörten Ruppertshofen und Tonolzbronn zur Pfarrei St. Afra in Täferrot. In der frühen Neuzeit konkurrierten die Pfarreien Täferrot und Frickenhofen, was die Zugehörigkeit von Ruppertshofen betraf. Es war kompliziert: Die Unverheirateten wurden von Täferrot betreut, die übrigen von Frickenhofen. Noch im 18. Jahrhundert stritten sich die Pfarrer über die Zugehörigkeit von Ruppertshofen. Die Täferroter  Pfarrer pochten auf die älteren Ansprüche und verwiesen auf die kürzere Wegstrecke nach Täferrot. Das ließ der Frickenhofer Pfarrer nicht gelten: Gewiss sei es von Ruppertshofen nach Frickenhofen etwas weiter als nach Täferrot, aber das sei ein schöner Weg auf der Höhe. Nach Täferrot müsse man in ein finsteres Tal hinabsteigen und bei Hochwasser der Lein und Rot sei man nicht sicher, die dortige Kirche überhaupt zu erreichen (Kissling 14).

(17) Wann entstand die Nikolauskapelle in Ruppertshofen?
Vermutlich wurde der schlichte Bau Ende des 15. Jahrhunderts errichtet. 1480 soll sie erstmals erwähnt werden; um 1488 findet sich in der erwähnten Beschreibung des Augustinerguts die Bezeichnung “by dem kepelin”.

St. Nikolaus war damals als Schutzpatron sehr beliebt, er war der bekannteste der sogenannten 14 Nothelfer.

(18) Seit wann gibt es eine Schule in Ruppertshofen?
Schon im Dreißigjährigen Krieg soll in Ruppertshofen Schule gehalten worden sein (HB 122).

Für das Jahr 1683 ist am Gestühl in der Kirche von Täferrot der Name eines Schulmeisters von Ruppertshofen verewigt: Christoph Schuelin (Kissling, Täferrot, 51).

Im 18. Jahrhundert war es die Aufgabe des Schulmeisters, wöchentliche Betstunden in der Nikolauskapelle abzuhalten (Prescher II, 320).

(19) Wieviele Einwohner hatte Ruppertshofen?
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts gibt es leidet nur sehr unzuverlässige Daten.

Einem Visitationsbericht der Kirche von Täferrot 1539 entnimmt man:

Ruppertshofen war der größte Ort in der Pfarrei Täferrot mit 30 Häusern und 100 Kommunikanten.

Zum Vergleich:

Täferrot nur 20 Häuser
Tonolzbronn 12 Häuser, 37 Kommunikanten
Steinenbach 5 Häuser, 20 Kommunikanten
Hönigmühle 1 Haus mit 6 Kommunikanten

1769 zählte das Kammerschreibereiamt Welzheim 208 Seelen in Ruppertshofen.
1790 (Prescher II, 319): 68 limpurgische, 60 württembergische Seelen, also zusammen 128.
1809/10: 304 Seelen (Württembergisches Hof- und Staatshandbuch, 575).
1852 (Oberamtsbeschreibung): Ruppertshofen. Dorf 388 Einwohner, worunter 2 Katholiken.
1906 (Das Königreich Württemberg): 382
1993 1006 (HB 78).

(20) Weiß man etwas über das Leben der Einwohner?
Ein anschauliches Bild lässt sich erst für das 19. Jahrhundert zeichnen. Aus den Urkunden und Aufzeichnungen über herrschaftliche Güter erfährt man vor allem etwas über die Abgaben. So musste 1410 Hans Häßlin 18 Schilling Heller Freie Steuer (ein Hinweis auf die Waibelhube als Freiengenossenschaft), 10 Schilling Weinsteuer, 1 Malter Hafer, 2 1/2 Lämmer und 1 Huhn jährlich abliefern. 1556 gehörte zu Gütern, die der Waibelhube zugeschlagen wurden, ein Erbgütlein von Walpurga, Stoffel Kislings Witwe, das jährlich 10 Schilling und 2 Herbsthühner abzuführen hatte. Die unterschiedliche Höhe der Abgabe verweist auf die sozialen Unterschiede im Dorf. Es gab Großbauern und Kleinbauern, aber darüber findet man leider gar nichts im Heimatbuch von Schymura.

(21) Und die Frauen?
Zu ihnen gibt es so gut wie keine Quellen. Ab und an werden sie namentlich erwähnt, als erste Ruppertshofenerin 1380 Cuntzen Tochter von Krassperg, Leibeigene der Herrschaft Adelmannsfelden. 1410 wird erwähnt Bühlins Tochter zu Ruprechtshofen.

Um 1700 lebte Margaretha Wellerin, von Birkenlohe gebürtig, zu Obersontheim. Sie hatte eine Art Schlafkrankheit, die bei ihr Visionen auslöste. Sie war daher als die Sontheimische Prophetin bekannt. Als man sie mit einer Medizin aus Gold behandelte, verschwanden Krankheit und Visionen.

(22) Wovon lebte man in Ruppertshofen?
Überwiegend von Ackerbau und Viehzucht. Aus der Beschreibung des Oberamts Gaildorf 1852:

“Der Boden, auf der Höhe schwerer Lehm, in dem Thälchen leichter Sand, ist dort 9 ziemlich fruchtbar, die Luft rein, trocken und etwas rauh; die Bohnen reifen nicht überall. [...]. Die gesunden, kräftigen Einwohner verfertigen ihre Kleidungsstoffe selbst. Das Fruchterzeugniß reicht für den eigenen Brodbedarf hin und die Einwohner, welche sich von Feldbau nebst Viehzucht und der Waldnutzung ernähren, sind im Allgemeinen in nicht ungünstigen Vermögensumständen. Am Wohlhabendsten sind Thonolzbronn, Steinenbach und theilweise Ruppertshofen; unvermöglich und zum Theil sehr arm die Thalorte. [...] Namhaft ist der Flachsbau; vorzüglichen Flachs bringt Hinter-Linthal hervor. Die Wiesen sind nicht sehr ergiebig. Gewöhnliches Obst geräth, die Straßen sind jedoch nicht mit Obstbäumen besetzt. Der Rindviehstand ist sehr bedeutend und meist schön. [...] Holz, Vieh, Flachs, Leinsaamen und Leinöl sind die hauptsächlichsten Gegenstände des Activhandels. Von eigentlichen Gewerben ist außer einigen Mahl- und Säg-Mühlen nichts zu erwähnen”.

Im 18. Jahrhundert war die Weißrübe das Hauptnahrungsmittel. Sie wurde 1770 von der Kartoffel verdrängt (HB 38).

In Hönig und Birkenlohe gab es mehrere Mahl- und Sägemühlen. Am bedeutendsten war die Ulrichsmühle an der Rot, die im Spätmittelalter Hönigmühle hieß.

Mindestens seit dem 18. Jahrhundert gab es zwei Wirtshäuser in Rupertshofen: zum Lamm und zum Hirsch (HB 133).

(23) Gab es in Ruppertshofen auch einen Arzt?
Man wird annehmen dürfen, dass es in Ruppertshofen immer wieder heilkundige Männer und Frauen gab, auch wenn die Quellen dazu schweigen. Außer akademischen Ärzten in der benachbarten Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, gab es Wundärzte auf dem Land, die meist auch Bader waren. Im 18. Jahrhundert wirkte hier ein Bader und Chirurg Georg Christoph Harsch (1707 bis nach 1770), dessen Grabmal an der Kirche von Tonolzbronn neben dem Eingang noch erhalten ist (Kissling 57, 59).

(24) Weiß man etwas über Kriegszeiten und lokale Katastrophen?
Im Bauernkrieg 1525 kam ein Anführer kam aus Ruppertshofen: Michel Rupp genannt Mulmichel (HB 178). Im erfolterten Geständnis des Frickenhofer Pfarrers Wolfgang Kirschenesser, der den Bauern als Schreiber diente, erscheinen die "Waibelhubischen bawrn" als eigene Gruppe.

Im Frühling 1609 gingen bei einem Großbrand 30 Holzhäuser und die Kapelle in Flammen auf (Kissling 64).

Große Not herrschte im Dreißigjährigen Krieg. Damals dezimierten auch Pestzüge die Bevölkerung. Allein im limpurgischen Amt Waibelhube starben im Jahr 1635 212 Menschen (Prescher I, 360). 

25. und letzte Frage: Woher weiß ich das alles?
Die Literatur zu Ruppertshofen ist leider außerordentlich überschaubar.

Es gibt die Oberamtsbeschreibung von Gaildorf aus dem Jahr 1852, die bei Wikisource online verfügbar ist. Der Stuttgarter Historiker Adolf Diehl schrieb 1943 einen gründlichen Aufsatz über die Waibelhube, ebenfalls online. Des Gmünder Stadtarchivars Albert Deibele Ausführungen in der Vereinsfestschrift 1964 enthalten leider keine Belege, aber auch sie ist online. Hermann Kisslings Büchlein: Die Kirche in Tonolzbronn und die Kapelle in Ruppertshofen/Ostalbkreis von 1988 wurde von der Universitätsbibliothek Heidelberg ins Netz gestellt.

Man weiß nicht recht, ob man es bedauern soll, dass die einzige gedruckte Ortsgeschichte von Aloys Schymura “Ruppertshofen im Wandel der Zeit” (1995, zitiert: HB) nicht im Internet abrufbar ist. Es handelt sich um eine Laienarbeit durchsetzt von vielen Irrtümern. Schymura gibt nicht an, woher er die jeweilige Angabe hat. Von einer gründlichen Aufarbeitung der frühneuzeitlichen Archivalien kann keine Rede sein, schlimmer noch: die NS-Zeit wird so gut wie völlig ausgeklammert, es gibt in dem etwas konfus gegliederten Buch nur einen Absatz “Das Kriegsende 1945" (HB 180f.). Dergleichen ist heute ein no-go.

Schon deshalb wäre es sinnvoll, von Experten eine neue Ortsgeschichte auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeiten zu lassen.

Unverzichtbar wäre “Oral History”, die Befragung von noch lebenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Diese Ressource schwindet mit jedem Jahr!

Sinnvoll wäre eine Website mit Quellen zur Geschichte der Gemeinde. Für das Mittelalter habe ich meine Zusammenstellung schon nahezu abgeschlossen. Es würde mich freuen, wenn meine Ausführungen dazu anregen würden, sich in einem Arbeitskreis näher mit der Geschichte Ruppertshofens zu befassen.

Eine Version mit vielen Bildern und Links dieses Textes ist im Internet abrufbar unter www.archivalia.hypotheses.org